Zur Stabilität der Demokratie. Szenarien der Selbstgefährdung - Faktoren der Verankerung
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Datum
2019Typ
- Doctoral Thesis
ETH Bibliographie
yes
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Abstract
Die vorliegende Dissertation untersucht das Problem der Stabilität der Demokratie angesichts ihrer permanent drohenden Selbstabschaffung. Dieses Problem stellt sich nicht erst im Lichte einer angeblich akuten Krise der Demokratie zwischen den Fallstricken ihrer populistischen Überreizung einerseits und ihrer technokratischen Austrocknung andererseits. Die demokratische Regierungsform war zumal seit ihrer Verbreitung im zwanzigsten Jahrhundert immer schon begleitet von besorgten Stimmen, die – aus unterschiedlichen Perspektiven – vor der Gefahr ihrer Selbstdestabilisierung warnten.
Der erste Teil der Arbeit geht vor diesem Hintergrund auf eine demokratietheoretische Spurensuche. Es werden einflussreiche theoretische Positionen erörtert und einander gegenübergestellt, die entweder in der Radikalisierung oder in der Restriktion der Demokratie wahlweise ihre Hauptgefahr, respektive ihr Heilmittel entdecken. Im Zuge dieser rekonstruktiven Arbeit soll einerseits die spannungsreiche Mehrdeutigkeit des demokratischen Versprechens auf kollektive Selbstbestimmung deutlich werden. Andererseits wird der Gedanke plausibilisiert, dass gerade mit dieser internen Ambivalenz das Problem demokratischer Selbstgefährdung eng zusammenhängt.
Der zweite Teil der Arbeit fasst dieses Problem als Herausforderung auf, die in real existierenden Demokratien durchaus gemeistert zu werden scheint. In vier Schritten werden Faktoren in den Blick genommen, die zwischen dem radikalen und dem restriktiven Pol der Demokratie vermitteln und das Potential demokratischer Selbstdestabilisierung präsumtiv abschwächen. Ich suche dabei in den Sphären des Rechts, der politischen Ethik, der Pädagogik und der Kultur nach Ressourcen, von denen die Nachhaltigkeit der demokratischen Regierungs- und Lebensform zehrt. Es wird hier zum einen deutlich werden, dass die im ersten Teil festgehaltene Ambivalenz des demokratischen Versprechens sich durch alle diese Sphären hindurchzieht. Zum anderen wird die Untersuchung in der Erkenntnis münden, dass die Stabilität der Demokratie in hohem Masse abhängig ist von der alltäglichen Prägewirkung vermeintlich vorpolitischer Interaktionskontexte und Erfahrungsräume.
Die Arbeit ist damit nicht zuletzt auch ein Plädoyer für eine theoretische Sensibilität und praktische Sorge für die oft unscheinbaren Alltagspraktiken, Begegnungsräume, institutionellen Gesten und Symbolbestände, durch die gleichsam nebenher der Boden gelegt und gepflegt wird, auf dem das fragile Gehäuse der Demokratie stehen und bestehen kann.
The present doctoral thesis deals with the problem of the stability of democracy, given the permanent threat of its self-destruction. This problem does not only arise in the light of an allegedly acute crisis of a democracy torn between its populist excitation and its technocratic exsiccation. Ever since its spread in the twentieth century, the democratic form of government was accompanied by worried voices that warned – from different perspectives – of the danger of its self-destabilisation.
Against this background, the first part of the thesis searches for traces in democratic theory. I discuss and confront influential theoretical positions, that either find the main danger or the salvation of democracy in its radicalisation or in its restriction. This reconstructive work is, on the one hand, supposed to shed light on the strained ambiguity of the democratic promise of collective self-determination. On the other hand I want to make plausible that this internal ambiguity is tightly linked precisely to the problem of democratic self-endangerment.
The second part of the thesis understands this problem as a challenge that seems to be successfully met in real existing democracies of our time. In four steps, I will focus on factors that are capable of mediating between the radical and the restrictive poles of democracy and that presumably weaken the potential of democratic self-destruction. In the spheres of right, political ethics, pedagogy and culture, I will therefore search for resources for the sustainability of the democratic form of government and way of life. It will thereby become clear, first, that the mentioned ambiguity of the democratic promise reappears in all of these spheres. Second, the analysis will lead to the insight that the stability of democracy depends to a great extent on the everyday impact of supposedly pre-political contexts of interaction and experience.
Thus, in a sense, the thesis is a plea for a theoretical sensibility and a practical concern for those often inconspicuous everyday practices, meeting places, institutional gestures and symbolic messages, that inadvertently prepare and maintain the ground on which the fragile frame of democracy can stand. Mehr anzeigen
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https://doi.org/10.3929/ethz-b-000354217Publikationsstatus
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ETH ZürichThema
political culture; democracy; stability; Political theory; POLITICAL PHILOSOPHYOrganisationseinheit
03783 - Wingert, Lutz (emeritus) / Wingert, Lutz (emeritus)
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